Buchwissenschaft? Hat doch was mit Germanistik zu tun, oder? Was ist das denn? Klingt interessant! So oder ähnlich waren die fragenden Aussagen von Freunden oder Familienangehörigen, wenn man sich über die Zeit des Studierens unterhielt. Meine Antwort lautete meistens: „Die Buchwissenschaft befasst sich weniger mit dem Inhalt, sondern vielmehr mit dem äußeren Erscheinungsbild des Mediums Buch.“
Die Wissenschaft vom oder über das Medium Buch beschäftigt sich hauptsächlich mit der historischen Betrachtung zu Beschreibstoffen sowie anderen verwandten Medien, der Verbreitung verschriftlichter Kommunikation und dessen kultureller wie ökonomischer Bedeutung für die Gesellschaft. In der Buchkunde oder im Buchwesen, wie die Buchwissenschaft weiterhin genannt wird, werden aber auch die Themenfelder zur Lesesozialisation, zum Urheberrecht, der technischen Reproduzierbarkeit, zur Typografie und zum Verlags- sowie Buchhandelswesen näher beleuchtet. Ausgenommen hiervon ist die Bibliothekswissenschaft, die mehr mit dem Dokumentationswesen zu tun hat.
Wer diesen Studiengang gern studieren möchte, kann dies an fünf Standorten in Deutschland tun, also in Leipzig, Mainz, Erlangen, Frankfurt am Main und München. Alle haben verschiedene Lehrinhalte, so dass die recht vielfältig Wahl ist. Dabei ist München sehr praxisnah ausgerichtet. Hier sind zwei Drittel der Studierenden aus beruflichen Gründen zum Studium gelangt, das heißt um sich weiter zu qualifizieren oder selbstständig zu machen. In Erlangen wird eher eine wissenschaftliche Richtung vor allem hinsichtlich der Rezeption des Mediums Buch verfolgt. Das gedruckte Buch von der Produktion, über die Distribution bis hin zur Vermittlung in Verbindung mit dem Medienwandel ist in Mainz ein wichtiger Forschungsbereich. Die Buchwissenschaft in Frankfurt am Main hat die Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft nebst den dazugehörigen Nachbardisziplinen als Schwerpunkt im Lehrplan zu bieten und in Leipzig stehen die Kommunikations- und Medienwissenschaften sowie die Journalistik im Vordergrund.
Bekannte Buchwissenschaftler sind unter anderem Herr Prof. Bill Bell von der School of English, Communication and Philosophy der Cardiff University, Frau Prof. Dr. Ursula Rautenberg aus der Erlanger Buchwissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität und Herr Dr. Günter Hägele aus Augsburg, der einen Straßburger Druck aus dem Jahr 1461 entdeckte.
Regelmäßige Publikationen der verschiedenen Hochschulstandorte der Buchwissenschaften bezeugen eine rege Forschungstätigkeit. So veröffentlicht die Leipziger Buchwissenschaft unter der Reihe Flachware ein Jahrbuch zu ungewöhnlichen Fragen und deren interessanten Antworten rund ums Thema Buch. Und jeder kennt ihn. Johannes Gutenberg ist die bedeutendste Persönlichkeit, wenn es um den modernen Buchdruck geht, und aus der Mainzer Buchwissenschaft wurden in den letzten Jahren zu ihm zahlreiche Bücher herausgegeben. Aber auch nichtuniversitäre Abhandlungen tragen zu intensiven Diskussionen unter den Medien- und Buchwissenschaftlern bei.
Mich hat die Buchwissenschaft schon vor Jahren in ihren Bann gezogen. Zusammenfassend kann ich also festhalten, dass dieser Wissenschaftszweig sehr breit gefächerte Lehrinhalte und äußerst vielfältige Forschungsprojekte vorzuweisen hat. Und jedem, der sich für diesen Wissenschaftsbereich interessiert, kann ich nur empfehlen, diese Begeisterung anderen weiterzugeben.
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