Werbung wird in der Buchbranche klein geschrieben! (Teil 1)

 

Seit ich denken kann, sind Bücher für mich Leidenschaft pur! So geht es sicher vielen, die dieses Medium im Laufe ihres Lebens lieben und schätzen gelernt haben. Doch die Entwicklungen der letzten Jahre in der Buchbranche verursachen immer häufiger ein Kopfschütteln.

Die wohl offensichtlichste Tendenz ist, dass viele Zielgruppen hinsichtlich des Produktes Buch gar nicht mehr erreicht werden. Zahlreiche Verlage und Buchhändler, ob groß oder klein verzichten größtenteils seit Jahren auf Werbung auf der Straße. Äußerst selten begegnet man noch Out-of-Home Media, welche im Entferntesten mit Büchern zu tun hat. Dafür macht die Modebranche mit der großen Reichweite zunehmend Umsatz über diese Werbeart, die alle Zielgruppen erreicht. Und sie setzt ihren Weg zu werben weiter fort. Die Trends im Modemarketing gehen hin zu emotional aufgeladenen Modeartikeln und die wachsende Bedeutung des Einflusses von Bloggern nebst Influencern, die neuerdings selbst Mode designen und entwerfen. Sie hinterlassen ihren Followern unübersehbare Kaufanreize. Prominente, die wie schon in den 1990er Jahren tragebare Modestile Teenagern vermitteln, ist immer noch ungebrochen. Verlagert hat sich dies mehr und mehr in die Welt des Internets, also der digitalen Welt. Wichtigste Marketingleinwand wie eh und je bilden die unzähligen Mode- und Frauenmagazine, die fast überall erhältlich sind, ob im Discounter, an der Tankstelle oder am Bahnhof.

Meine eigenen Bemühungen im Zeitschriftenhandel interessante Magazine aus der Buchbranche zu entdecken haben schnell ein ernüchterndes Ergebnis zu Tage gefördert. Mein erster Anlaufpunkt war eine Buchhandlung in einem großen Bahnhof, in dem jeden Tag kaufkräftige Kunden Zeitschriften, Bücher und andere Non-Book-Artikel erstehen. Nach langem Suchen durch die unterschiedlichen Abteilungen wie Mode, Wohnen, Reisen etc. musste ich leider eine Mitarbeiterin des stationären Bahnhofsbuchladens um Rat bitten, wo die begehrte Ware zu finden sei. Das Ergebnis war eher erschreckend: Mode und Frauenthemen haben einen großen Tisch und eine ausladende Regalwand zur Verfügung, dich Literatur- und Bücherzeitschriften fristeten und fristen mit weniger als 10 verschiedenen Ausgaben ein Nischendasein zwischen Kunst- und Musikmagazinen. Ich war mehr als enttäuscht, neben der mir bekannten „Bellatriste“ und der „Federwelt“ nur auf eine Handvoll Magazine zu kommen. Mitgenommen habe ich nach kurzer Auswahl schließlich die „Leserin“, das „Büchermagazin“ und die „Buchkultur“.

Eine andere Untersuchung zur Zusammensetzung des Zeitschriftenregals im Nebengeschäft der Lebensmittelhändler fiel vernichtender aus. Es fand sich nichts! Aber in der kleinen Zeitschriftenabteilung eines Supermarktes im höheren Preissegment entdeckte ich mindestens drei Fachzeitschriften zum Thema Gitarre (unter anderem waren es folgende Ausgaben: „Gitarre & Bass“, „Guitar“ und ein weiteres Magazin mit ähnlichem Namen zu diesem Musikinstrument). Was mir auch ins Auge fiel: die unzähligen Mode- sowie Frauenmagazine nahmen auch hier zumeist eine ganze Regalwand oder einen Großteil davon ein.

Mein Fazit: Über 70.000 Titelproduktionen pro Jahr wurden in den letzten Jahren von den Verlagen herausgegeben, aber Buchwerbung für den Endverbraucher zu betreiben wird anderen Werbeträgern überlassen. Die Einwurfreklame, die jede Woche kostenlos über den Briefkasten in die Haushalte gelangt, mit Buchempfehlungen versehene Kundenmagazine der Drogerien, Autoreninterviews in den Feuilletons großer Tageszeitungen, Bücherschränke in den Möbelkatalogen wie unter anderem Ikea, Bücherkritiken bei Internethändlern wie Amazon, etc., etc.

Umwälzungen setzen sich fort. So gibt es den klassischen Literaturkritiker wie es ihn noch vor gut über zehn Jahren gab, nicht mehr, Er wurde abgelöst. Blogger, Youtuber wie Influencer im großen World Wide Web sind die neuen Kritiker der Buchbranche. In der Modebranche beschreiben, testen und tragen sie bekannte wie unbekannte Modelabels und ihre interessierten Follower oder Fans werden jeden Tag mehr. Jeder der regelmäßig ihren Empfehlungen folgt, wird immer wieder aufs Neue an weiteren Trendsettern aus dem Netz nicht vorbeikommen. Da es mittlerweile zu viele Blogseiten mit literarischen Einschätzungen gibt, verlieren Literatur- oder Bücherblogs für die Buchbranche mehr und mehr an wirklichem Nutzen. Nur wer aus der Masse hervorsticht und sich einen Namen gemacht hat, bezieht Bücher für Rezensionen, Buchbesprechungen, Fotostrecken oder Kritiken.

Noch ein Phänomen, das in meinen Augen nicht nachvollziehbar ist, sind Buchhändler, die den Self- bzw. ePublishern ablehnend gegenüberstehen und nur von den großen Verlagen und Produzenten von Buchprodukten Ware beziehen. Auch die Verlage sind wählerischer geworden. Sie möchten, zwar neue Autoren, aber diese sollen bereits Preise gewonnen haben oder anderweitige Erfolge vorweisen können. Wer derartiges vermissen lässt, wird von vielen Verlagen schon beim Lektor keine Chance erhalten. Man konzentriert sich im Verlagsgeschäft auf den Einkauf von ausländischen Lizenzen, wodurch es heimische Literatur mehr als schwer hat einem breiteren Lesepublikum vorgestellt zu werden. Doch wer sich vergebens bemüht hat, kann dennoch erfolgreich sein und als Selbstverleger mit seinem Werk die Filmindustrie begeistern. Beispiele hierzu gibt es genug, wie z. B. so geschehen bei „Der 7.Tag“ oder bei berühmterer Literatur zu „Harry Potter“.

… Weiter geht es in Teil 2